DAVID GALLOWAY

 
 

 
"Tradition als Herausforderung" heißt das Motto, unter dem sechs Künstler iranischer und armenischer Herkunft gezeigt werden. Ihre Ausdrucksmittel von der Skulptur über Malerei und Installation bis zu Fotografie und Videokunst umfassen traditionelle und zeitgenössische Formen. Auch inhaltlich illustrieren sie auf exemplarische Weise den Zusammenstoß zwischen der zeitgenössischen westlichen Kunst und der traditionsreichen hochstilisierten Bildersprache ihrer Herkunftsregionen. Die Bildsprache der persischen Kultur ist besonders elaboriert und vielschichtig und schon in den 60er Jahren setzte sich die Sakkahaneh-Schule in Teheran mit diesem kulturellen Erbe auf vielfältige Weise auseinander. Deren Gründer, der Bildhauer Parviz Tanavoli, wird mit monumentalen Bronzeskulpturen in der Ausstellung vertreten sein. Seine Werke greifen Elemente aus Geschichte, Schrift, Architektur und Alltagskultur auf.

Die jüngere Künstlergeneration hat vorwiegend im Exil ihre Auseinandersetzung mit den islamischen Traditionen fortgeführt. So verarbeitet die minimalistische Malerei Karan Khorasanis abstrahierte Bildzeichen aus dem Bereich der Volkskultur. Marcos Grigorian produziert meist streng geometrische Bildkompositionen aus Lehm, Stroh und Erde. Dabei beruft er sich auf handwerkliche Vorläufer im Bauwesen und in der Landwirtschaft Irans und Armeniens.

Farkhondeh Shahroudi schafft eine bunte, gestische, höchst poetische Malerei, die auf die traditionelle Teppichkunst zurückgreift. Die Arbeiten der anderen teilnehmenden Künstlerinnen bearbeiten die Themenkomplexe Gewalt und die Rolle der Frau im Islam. Sonia Balassanian hat sich nach ihrer politischen Collage-Malerei der 80er Jahre jetzt vorwiegend auf Video und Videoinstallationen konzentriert und thematisiert in ihren Werke gewalttätige islamische Riten (Geißelung, Schlachtung, Beschneidung). Fariba Hajamadi greift das Thema der Frauenrolle auf, allerdings erweitert sie ihren Blickwinkel um die Rolle des Museums bei der Vermittlung von Frauenklischees. In ihrer Mixed-media Installation kombiniert sie lebensgroße Fotografien mit Projektionen auf "Schleier", die im Raum hängen. Die Fotos, Videos und neuerdings auch Filme von Shirin Neshat thematisieren Krieg, Gewalt, Rhetorik sowie den Lebens- und Wirkungskreis der Frau im Islam.